Panpsychismus und Bewusstsein
Während meines Masterstudiums (MA) Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte wurde ich mit dem Konzept des Panpsychismus vertraut gemacht. Hier biete ich einen kurzen Überblick über einige der Haupttheorien und Konzepte im Zusammenhang mit dem Bewusstsein und dem Panpsychismus.
Es ist zu beachten, dass die Diskussion um das Bewusstsein ein dynamisches Feld ist, das ständig durch neue Forschungsergebnisse und philosophische Überlegungen bereichert wird. Ich persönlich finde die Metapher vom Ozean des Bewusstseins sehr anregend. In der modernen Naturphilosophie stellt das Bewusstsein ein zentrales Rätsel dar. Trotz intensiver Forschung gibt es keine allgemein anerkannten Theorien, die das Phänomen des Bewusstseins vollständig erklären. Die Debatte umfasst verschiedene Ansätze, von denen einige in dieser Abhandlung erörtert werden.
Naturalistische Theorien des Bewusstseins: Emergenz
Eine gängige Theorie in den Naturwissenschaften ist es, Bewusstsein als emergente Eigenschaft von Neuronenpopulationen zu erklären: Der Zusammenschluss von Nervenzellen führt zu etwas Neuen , das es vorher noch nicht gab (Emergenz)nämlich zu Bewusstsein. Bartels (2023) bietet einen Überblick über die Grundprobleme der Naturphilosophie, insbesondere im Hinblick auf Bewusstsein und Selbstbewusstsein. „Bewußtsein ist eine emergente Eigenschaft sehr komplexer Systeme, und diese Eigenschaft entsteht erst bei der spezifischen Verknüpfung sehr vieler materieller Elemente (Nervenzellen)“ (zit. nach Wuketits 1989, S41).
Interaktion von Geist und Gehirn
Popper & Eccles (2018) haben eine Theorie der Interaktion zwischen Geist und Gehirn vorgeschlagen, die eine Brücke zwischen physischen Prozessen und mentalen Zuständen schlägt. Beck & Eccles (1992) erweitern diese Diskussion mit einer quantenphysikalischen Theorie, die das Gehirn als Zugangspunkt zum Geist betrachtet. Geist und Gehirn sind unterschiedliche Strukturen.
Panpsychismus: Bewusstsein als inhärente Eigenschaft der Materie.
Ausgehend von der Theorie des Urknalls wird angenommen, dass Bewusstsein schon damals im Urknall und in der Entwicklung des Universums vorhanden gewesen sein muss. Büntrup (2016, 2018) hat sich intensiv mit der Philosophie des Geistes auseinandergesetzt und diskutiert Variationen des Panpsychismus. Nagel (2012) definiert Panpsychismus als die Ansicht, dass die grundlegenden physischen Bestandteile des Universums- also Materie- mentale Eigenschaften besitzen. Ein Elektron könnte also eine Art Bewusstsein besitzen. “By panpsychism I mean the view that the basic physical constituents of the universe have mental properties, whether or not they are parts of living organisms. It appears to follow from a few simple premises, each of which is more plausible than its denial, though not perhaps more plausible than the denial of panpsychism” (Nagel 2012, S 181) Philosophen wie Chalmers (1996), Strawson (2009), Mathews (2019), Shani (2015), Blamauer (2019) und Albahari (2022) haben zu einem Verständnis beigetragen, in dem Bewusstsein als integraler Bestandteil der Natur angesehen wird.
Empirische Beweise für den Panpsychismus
Empirische Beweise sind schwierig zu erbringen, da es sich beim Panpsychismus um eine philosophische Theorie handelt, die sich mit dem Verhältnis von Materie und Geist beschäftigt. Panpsychisten argumentieren, dass geistige Eigenschaften in der Grundstruktur der materiellen Welt integriert sind und sich im Laufe der Zeit bis hin zum Bewusstsein entwickelt haben . Das Problem besteht darin, dass geistige Eigenschaften, wie sie der Panpsychismus beschreibt, nicht direkt messbar oder beobachtbar sind. Sie werden oft als "proto-mentale" Eigenschaften oder Qualia bezeichnet, die sich irgendwie anfühlen und eine Vorform dessen darstellen, was wir als phänomenales Bewusstsein (Selbstbewusstsein) bezeichnen können. Phänomenales Bewusstsein bedeutet dass wir uns unseres Selbst und seiner Eigenschaften, wie Denken, Fühlen, Handeln usw. bewusst sein können.
Bewusstsein als Ozean
Shani (2015) und Albahari (2022) verwenden die Metapher eines Ozeans, um Bewusstsein zu beschreiben. In dieser Vorstellung sind Lebewesen und materielle Objekte wie Wellen in diesem Ozean, mit einer zeitlich und räumlich begrenzten Existenz. Abhängig von ihrer biologischen Konfiguration haben Lebewesen unterschiedlichen Zugang zu diesem universellen Bewusstsein. Je nach der Organisation des Zentralnervensystems und des Gehirns können wir in das „Meer des Bewusstseins“ eintauchen und uns in der Welt orientieren. So verfügen ja schon verschieden Tierarten über Bewusstheit und benützen Werkzeuge, Persönlichkeit wird machen zugesprochen Mystisches Erleben und Peak-Erfahrungen ermöglichen es uns, die Einheit mit diesem allumfassenden Bewusstsein zu erleben.
Schlussfolgerung
Die verschiedenen Theorien zum Bewusstsein, von emergenten Eigenschaften bis hin zum Panpsychismus, bieten faszinierende Einblicke in eines der größten Rätsel der Philosophie und Naturwissenschaften. Während die Suche nach einer umfassenden Theorie weitergeht, erweitern diese Ansätze unser Verständnis und regen zur weiteren Reflexion an.
Literatur:
- Albahari, M. (2022). Panpsychism and the Inner-Outer Gap Problem. Monist, 105(1), 25-42.
- Bartels Andreas (2023). Grundprobleme der modernen Naturphilosophie. Springer.+ https://doi.org/10.1007/978-3-662-67126-9_1
- Blamauer, M. (2019). The Crux of Subjectivity: The Subjective Dimension of Consciousness and Its Role in Panpsychism. In The Routledge Handbook of Panpsychism (pp. 157-167). Routledge.
- Beck Friedrich & Eccles John (1992). Quantum Aspects of Brain Activity and the Role of Consciousness. In: Proceedings of the Natural Academy of Sciences of the United States of America 89.23, 11357-11361.
- Chalmers, D. J. (1996). Facing up to the problem of consciousness. Toward a science of consciousness: the first Tucson discussions and debates. MIT Press, Cambridge, 5-28.
- Mathews, F. (2019). Panpsychism as paradigm. The mental as fundamental: New perspectives on panpsychism, 141-156.
- Nagel T. Panpsychism.(2012). In: Mortal Questions.Canto Classics Cambridge University Press; 2012:181-195. doi:10.1017/CBO9781107341050.015
- Popper, Karl & John V Eccles (1989: Das Ich und sein Gehirn, Piper, München. Shani, I. (2015). Cosmopsychism: A holistic approach to the metaphysics of experience. Philosophical Papers, 44(3), 389-437. Strawson, G. (2009). Realistic monism: Why physicalism entails panpsychism. Journal of Consciousness Studies, 1310-11.
- Wuketits, Franz (1989). Evolutionäre Erkenntnistheorie, Poppers „Drei Welten-Lehre“ und das Leib-Seele Problem. In: Kurt Salamun (Hrsg.): Karl. R. Popper und die Philosophie des kritischen Rationalismus. Zum 85. Geburtstag von Karl R Popper. Studien zur Österreichischen Philosophie Rudolf Haller (Hrsg). Atlanta, Amsterdam 31-45.